Feminismus ist eine Einstellung und keine Frage des Geschlechts: Natürlich können auch Männer Feministen sein. Justin Trudeau zählt sich selbst dazu, genau wie Bono oder Daniel Craig. Aber was, wenn ausgerechnet der eigene Partner eher an einer traditionellen Rollenverteilung hängt oder Feministen anstrengend findet? Traurig, aber wahr: Mit der Aussage „Mein Partner ist kein Feminist“ stehen Frauen auf der ganzen Welt sicher nicht alleine da.
„Mein Partner ist kein Feminist“ – Ein Beispiel unter vielen
„Du musst ja nicht so viel arbeiten. Ich verdiene ja genug!“ Genau das hat Olli zu Jana gesagt und sich für ziemlich nett und verständnisvoll befunden. Schließlich teilte er mit ihr, was er hat. Und er wollte ja nur das Beste für Sie, weil der Job sie in der letzten Zeit so stresste.
Dass Jana völlig ausflippen würde nach seinem Angebot, konnte er echt nicht ahnen. Denn dieser ganze Feminismus-Kram, der ging ihm eh ganz schön auf den Senkel. „Wenn Gott gewollt hätte, dass wir alle gleich sind, hätte er uns allen eine Gebärmutter eingepflanzt“, sagte er gerne mal, wenn unter Freunden und Verwandten wieder mal darüber diskutiert wurde. Und das meinte er gar nicht böse. Es war ihm einfach nur zu anstrengend, sich, die Welt und sein Verständnis von Beziehung komplett zu hinterfragen. So ein Typ war Olli nun mal nicht. Er meinte es gut, das musste reichen. Punkt.
Aber wie ist das für Jana, dass ihr Partner nicht versteht, um was es ihr wirklich geht, wenn sie für sich einsteht und ihre Eigenständigkeit und Gleichberechtigung als Frau verteidigt?
Feminismus ist keine Partei mit Programm, Feminismus ist eine Haltung
Janas gibt es unzählige auf der Welt. Einfach, weil es unzählige Ollis gibt. Sollten sich all diese Ollis und Janas also schleunigst trennen? Ich bin mir ganz sicher, dass das nicht nötig ist. Ich glaube, die meisten Ollis und Janas müssen einfach nur einmal tief durchatmen und dann beginnen, wirklich miteinander zu kommunizieren.
Feminismus kann ein Machtkampf sein, im schlechtesten Fall ein Machtkampf im eigenen Zuhause, oder er kann für beide Partner:innen ein Gewinn sein. Weil man viel übereinander lernt, wenn man mal kurz all die Wut, den Kampfgeist und die Enttäuschung beiseite legt. Vielleicht hat Olli sich als Kind geschworen, mal besser für seine Frau zu sorgen als es sein Vater tat. Oder er ist ein Mensch, der sich schwertut, gewohnte Muster zu durchbrechen. Möglicherweise hat er aber auch einfach nie so richtig gelernt, sich in andere Menschen und Lebensrealitäten einzufühlen? Und vielleicht hat Jana noch nie so richtig in Worte gefasst, warum genau sie sich als Frau benachteiligt fühlt?
Es gibt keinen Grund, Menschen zu verurteilen
In den meisten Fällen gibt es Wege, zueinander durchzudringen und zu verstehen, was hinter dem Festhalten an traditioneller Rollenverteilung und einem patriarchischen Wertesystem steckt. Wenn man immer im Kopf behält, dass Menschen meist aus wohlwollenden Motiven handeln und von der Grundtendenz immer das Beste für nahestehende Menschen wollen, dann fühlt sich das fehlende Verständnis gar nicht mehr so unüberwindbar an.
Es gibt in jedem Fall keinen Grund, sich gegenseitig zu verurteilen oder sich für seine feministische Haltung verurteilen zu lassen.
Es gibt jedoch viele Gründe, sich gegenseitig Fragen zu stellen. Ganz ohne den anderen falsch zu machen. Ein ehrlich gemeintes: „Aha. Warum meinst du das so? Wieso ist dir das so wichtig?“ ebnet den Weg für ein gutes Gespräch, in dem im besten Falle jede:r auf ein offenes Ohr und ein geduldiges Herz trifft.
An alle Ollis und Janas da draußen
An alle Ollis und Janas da draußen: Ihr schafft das! Feminist:in zu sein, bedeutet ja eigentlich nur, für Gleichberechtigung und ein ausgewogenes Machtverhältnis zu stehen. Ich kenne nur wenige Männer, die wirklich etwas dagegen haben. Eine abwehrende Haltung entsteht meist eher aus dem Missverständnis, es ginge um eine Umkehrung der Machtverhältnisse, um die Abwertung von Männern im Allgemeinen und um Gleichmacherei.
„Wir sind nicht alle gleich! Wir wollen auch nicht alle gleich sein! Und wir finden auch nicht, dass wir besser sind als ihr!
So oder ganz anders könnte ein wirklich gutes Gespräch beginnen…
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Johanna Fröhlich Zapata
Johanna Fröhlich Zapata ist Mutter, Therapeutin, Medizinanthropologin und Co-Gründerin von Deutschlands erster Ausbildungsinstitution für Feministisches Coaching. Ihr Ziel ist es, Alltagsfeminismus als Prozess gesellschaftlichen Wandels mitzugestalten und Frauen und Männern gleichermaßen dabei zu unterstützen, einen lebenspraktischen Feminismus in ihrem Alltag zu etablieren.
Mit dem rbbKultur-Podcast «Die Alltagsfeministinnen» erreicht ihre Arbeit ein breites Publikum. In ihrer Privatpraxis bietet sie ein stark gebuchtes Coachingprogramm zum Thema an. Johanna Fröhlich Zapata lebt mit ihrer erweiterten Familie in großer Fürsorge-Gemeinschaft in Berlin.
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