Ich bin dieses Jahr Mutter geworden und beobachte: Wenn Kinder auf die Welt kommen, spüren sie eine unbändige Stärke in sich. Niemals würden sie versuchen, sich aufzurichten, erste Wörter zu sagen oder einem riesigen Erwachsenen so richtig die Meinung zu geigen, wenn sie sich in diesem kleinen süßen Dickkopf nicht sicher wären: Im Grunde kann ich alles schaffen! Ich muss es nur versuchen…
Dann kommt das Leben, die Erziehung, die gesellschaftliche Erwartung. Und da wird es dann plötzlich anscheinend relevant, welches Geschlecht das Kind hat, denn erstaunlicherweise tappen noch immer viele Eltern in die Genderfalle.
Feministische Mama einer Tochter
Was wir als Eltern tun können, damit der unbändige Glaube an sich selbst und die eigenen Möglichkeiten auch bei unseren Mädchen bestehen bleibt? Wir müssen so einiges aushalten und manchmal genau aufpassen, was wir als Frau und Vorbild sagen und vorleben.
Wenn man dem Klischee nach ein „typisches Mädchen“ erzogen hat, hagelt es Komplimente. „Die Kleine ist ja sozial, so lieb, so höflich!“ Und ja, na klar ist das toll, wenn die Erziehung offensichtlich gut fruchtet. ABER wo sind die Komplimente für Mut, für Risikobereitschaft, für einen durchsetzungsstarken Charakter? Die wären viel wichtiger!
DO: Lobe Eigenschaften, die eine starke Frau ausmachen, selbst wenn diese Eigenschaften ungemütlich sind.
DON’T: Komplimente für hübsche Kleidchen und fürs Zurückziehen aus Konflikten sind weniger gelungen: „Das war aber nett von dir, dass du dich überwinden konntest, dein Stück Schokolade deinem kreischenden Bruder zu überlassen! Der Klügere gibt nach!“
„Ihr Kind ist aber unhöflich!“
Eine Feministische Mama hinterfragt Konventionen
Wer starke Kinder erziehen möchte, muss auch mal Fünfe gerade sein lassen können beim Thema Höflichkeit. Interessanterweise fällt das Eltern bei Jungs oft leichter. Denn: „Die sind halt so. Jungs halt. Kennt man ja von denen!“. Bei Mädchen hängt die Was-man-zu-tun-und-zu-lassen-hat-Messlatte oft noch immer unbewusst höher. Womöglich ein Relikt aus unseren eigenen Erziehung…
Letzten Endes wird man mit der strengen Einforderung mancher höflicher Umgangsformen aber weder Jungs noch Mädchen gerecht. Kein Kind sollte zu Körperkontakt gezwungen werden, nein, nicht mal zum Handschlag oder zur Umarmung der Oma. Ein Kind – und ja, gerade ein weibliche gelesenes – sollte „Nein“ und „Ich will“ sagen dürfen. Wie soll aus diesem Kind sonst je eine starker Verhandler*in werden? Und es ist IMMER erniedrigend und schwächend, wenn man das Kind vor Fremden auf ein fehlendes „Bitte“ oder „Danke“ hinweist. Muss nicht sein. Die allgemeine Höflichkeit stellt sich irgendwann von ganz alleine ein. Denn tausend Worte und Verbote sind nichts gegen ein gutes Vorbild und Vertrauen. Wo wir gerade beim Stichwort Vorbild sind:
Ihr könnt Eurer Tochter so viel lehren durch Euer Sein
Die feministische Mama lebt vor: Das Private ist politisch!
Ihr Bezugsmenschen seid für die Tochter das Lehrstück ihres Lebens.
Was du tun kannst, um ein gutes Vorbild zu sein:
- Dich ausruhen, wenn du müde bist.
- Nein zu anderen sagen, wenn das bedeutet, dass es dir danach besser geht.
- Eine respektvolle Beziehung vorleben (und wenn nötig einfordern)
- Einfach mal nicht die Welt retten.
- Die unbezahlte Arbeit sichtbar machen.
- Nicht immer den vermeintlich leichtesten Weg gehen.
- Deinen Körper respektieren.
- Dir selbst Fehler verzeihen.
Hier findest Du weitere Tipps für Dein Leben als Mama.
Alltagsfeministische Grüße,
Johanna
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Johanna Fröhlich Zapata
Johanna Fröhlich Zapata ist Mutter, Therapeutin, Medizinanthropologin und Co-Gründerin von Deutschlands erster Ausbildungsinstitution für Feministisches Coaching. Ihr Ziel ist es, Alltagsfeminismus als Prozess gesellschaftlichen Wandels mitzugestalten und Frauen und Männern gleichermaßen dabei zu unterstützen, einen lebenspraktischen Feminismus in ihrem Alltag zu etablieren.
Mit dem rbbKultur-Podcast «Die Alltagsfeministinnen» erreicht ihre Arbeit ein breites Publikum. In ihrer Privatpraxis bietet sie ein stark gebuchtes Coachingprogramm zum Thema an. Johanna Fröhlich Zapata lebt mit ihrer erweiterten Familie in großer Fürsorge-Gemeinschaft in Berlin.
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