Oder: Wie Du ohne Burnout durch den Lockdown 2.0 kommst.
Nach dem Motto „Zeit ist die neue Währung” teile ich hier die 10 wichtigsten Tools & Anregungen, die meinen Klient*innen gerade weiterhelfen:
Seit einer Woche gelten in ganz Deutschland verschärfte Corona-Regeln. Für viele Eltern bedeutet das, dass die Kinderbetreuung privat geregelt werden muss. Wie auch im ersten Lockdown kümmern sich in diesen Tagen wieder überwiegend die Mütter um die Versorgung und Betreuung der Kinder. Das heißt für viele Frauen eine Zerreißprobe zwischen Job, Selbstfürsorge, Homeschooling, Versorgung der Kinder und das “Schmeißen des Haushaltes”. Die große Frage ist: Wie können sich Frauen in diesem Lockdown besser schützen um nicht auszubrennen?
Im ersten Lockdown wurden zwei aufschlussreiche Bücher veröffentlicht, die beide den Nerv der Zeit treffen: Patricia Cammarata veröffentlichte den Spiegel Bestseller “Raus aus der Mental Load Falle”, von Laura Fröhlich erschien “Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für Alles”. Interessanterweise kommen die beiden Autorinnen in ihren Büchern auf denselben Nenner: Der Mental Load ist für die Mütter zu hoch. Das liegt insbesondere daran, dass Mütter durch die ungleiche Verteilung der Elternzeit häufig einen Kompetenzvorsprung im Kinderhüten erlangen, den Männer nicht so leicht einholen können. Sowohl Camarata als auch Fröhlich nehmen in ihren Büchern alle beteiligten Erziehungsberechtigten gleichermaßen in die Verantwortung: Die Frauen werden angehalten, Aufgaben abzugeben und zeitgleich ihren Idealismus und ihren Perfektionismus ordentlich herunterzuschrauben. Die Männer werden aufgefordert, den Kompetenzvorsprung in ihrem (und dem Interesse aller anderen beteiligten Familienmitglieder) aufzuholen, Verantwortung sowie ihren Teil der Fürsorge- und Hausarbeit zu übernehmen. Nicht als Assistent, nicht nur auf Bitten der Partnerin, proaktiv versteht sich!
Klingt alles ganz logisch in der Theorie! In der Praxis gar nicht so einfach umzusetzen. In meinen Coachings treffe ich häufig auf Menschen, die diese gleichberechtigten Ansätze verstanden haben. Ihnen fehlen jedoch häufig die Methoden, um die Theorie in die Praxis umzusetzen. Gerne teile ich hier die 10 wichtigsten Tools, die meinen Klientinnen gerade weiterhelfen:
Zeit ist die neue Währung!
- Schaffe dir im Alltag Inseln.
Wenn Dir alles zu viel wird, schließe Dich im Badezimmer ein. Hinterlege Dir dort Dinge, die Dir helfen, Dich zu entspannen. Beispielsweise intelligente Knete, Achtsamkeitskarten oder Deinen Duftanker im Spiegelschrank. Manchmal reichen schon 5 Minuten, um wieder zu Dir selbst zu kommen. - Atmen hilft!
Achtsamkeit ist ein Muskel, den Du stärken kannst. Atme regelmässig 7-10 mal tief durch. Eine besonders effiziente Atemübung ist die 3:3:6:3 Atmung. Zähle bis 3 beim Einatmen, halte für 3 Sekunden die Luft an, atme auf 6 aus, halte wieder bis drei die Luft an und atme dann aus. - Halte den Perfektionismus aus Deinem Alltag raus!
70% ist das neue Perfekt. Das heisst zum Beispiel, dass es Dir keine*r übel nimmt, wenn der Boden für 4 Tage nicht gesaugt wurde oder die Wäsche bis zum Wochenende liegen bleibt. Dasselbe gilt übrigens auch für den Job. Jetzt ist nicht die Zeit zu beweisen, was Du drauf hast. Vergiss nicht: Du stemmst (als Frau typischerweise) gerade zwei Vollzeitjobs! - Gib ab, gib ab, gib ab!
Verhandle mit Deinem Umfeld, welche Aufgaben Du in dieser Notsituation gar nicht mehr übernehmen möchtest und/ oder suche in Deinem Netzwerk nach Menschen, die Du jetzt einbeziehen magst. Teilt alle Aufgaben der “Freizeit” abends und morgens gerecht auf. Legt fest, welche Aufgaben mit welcher Qualität erledigt werden müssen. Beispielsweise könnte Jemand sich jeden Tag um den Müll, die Wäsche und ums ins Bett bringen der Kinder kümmern. Dein*e Partner*in kocht gerne? Tritt zurück und überlasse das Feld. - Idealismus adé!
Nicht nur der Perfektionismus darf in dieser Notsituation heruntergefahren werden.
Dasselbe gilt auch für Deinen Idealismus. Deine Kinder wurden bis dato “screenfrei” erzogen? Gut, dann ist es jetzt an der Zeit, den Babysitter hinzuzuziehen. In den Mediatheken findest Du tolles Bildungsfernsehen, das Du ohne Bedacht und Angst vor langfristigen Schäden einschalten kannst. Gute Alternativen sind auch Kopfhörer und Hörspiele oder TipToi Stifte. - Reden hilft!
Bitte Deinen Partner oder andere Unterstützer*innen, freie Zeiten klar und ritualisiert einzuführen, in denen Du alleine Spazieren gehen kannst, Mittagsschlaf halten kannst oder auch eine Runde meditieren kannst. Bestehe auf die proaktive Variante. Es kostet nämlich viel Energie immer um Hilfe bitten zu müssen! - Die richtigen Worte suchen,…und finden!
Sprecht über folgende Themen. Auf Augenhöhe.
Gesprächsthemen: Eine Anregung für Euren Austausch
- Paritätische Fürsorge & Elternschaft: Jetzt erst recht!
Alles, was anfällt, liegt in Eurer gemeinsamen Verantwortung. Paritätische Elternschaft ist das Stichwort. Und das heisst nicht mehr oder weniger als 50:50 aufzuteilen, was zu erledigen ist. - Privilegien reflektieren und neue Möglichkeiten ausloten.
Männer gehen gehäufter selbstbestimmt ihrem Job nach. Wenn finanziell möglich, sollte besprochen werden, wer kürzer treten kann, statt das Stereotyp zu reproduzieren. Wer kann Kinderkrankentage nehmen? Wie kann der berufliche Weg ALLER BETEILIGTEN berücksichtigt werden? - Du wirst das Kind schon schaukeln!
Alle Beteiligten werden die Aufgaben anders umsetzen. Und das ist auch gut so. Aufgaben abgeben bedeutet auch, dass Resultat abzugeben. Das ist anfangs vielleicht ungewohnt, befreit aber langfristig von der Mental Load (lest alle das Buch von Patricia Cammarata!) - Das ist ein Marathon, kein Sprint…
Der Lockdown kann einige Monate anhalten und das heisst: Ressourcen schonen. Steckt in alle Aufgaben ein gutes Mittelmaß an Energie. Macht genug, dass sich alle wohlfühlen aber auf keinen Fall zu viel, damit Niemand ausbrennt!
Das gemeinsame Ziel ist, dass sowohl die Erwachsenen als auch die Kinder mental und physisch gesund durch diese Zeit kommen. Die neue Währung ist Zeit; und obwohl Zeit Geld ist: Besonders wichtig ist, dass allen genug Zeit für Selbstfürsorge und Erwerbsarbeit eingeräumt wird. Für mich, für Dich, für Kinder (wenn Du welche hast), für eine nachhaltig gesunde Familie und ein Zusammenleben, dass zu Euren Idealen passt!
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Johanna Fröhlich Zapata
Johanna Fröhlich Zapata ist Mutter, Therapeutin, Medizinanthropologin und Co-Gründerin von Deutschlands erster Ausbildungsinstitution für Feministisches Coaching. Ihr Ziel ist es, Alltagsfeminismus als Prozess gesellschaftlichen Wandels mitzugestalten und Frauen und Männern gleichermaßen dabei zu unterstützen, einen lebenspraktischen Feminismus in ihrem Alltag zu etablieren.
Mit dem rbbKultur-Podcast «Die Alltagsfeministinnen» erreicht ihre Arbeit ein breites Publikum. In ihrer Privatpraxis bietet sie ein stark gebuchtes Coachingprogramm zum Thema an. Johanna Fröhlich Zapata lebt mit ihrer erweiterten Familie in großer Fürsorge-Gemeinschaft in Berlin.
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