In meiner Praxis arbeite ich mit einer weit verbreiteten aber noch immer unterschätzten Methode: Der Gestalttherapie. Gestalttherapie hat nichts mit Kunsttherapie zu tun, sondern ist eine Form der Psychotherapie. Für meine Arbeit zusammen mit Frauen und Paaren rund um Vereinbarkeit hat sich die Gestalttherapie als die beste Methode herausgestellt. Warum das so ist, verrate ich Dir in diesem Artikel.
Mein Alltagsfeminismus® Coachingprogramm basiert auf meinem Background als Anthropologin und Gestalttherapeutin. Nun, was ist das Besondere an der Methode?
Die Gestalttherapie ist ein psychotherapeutisches Verfahren, das sich weniger an dem traditionellen medizinischen Krankheitsmodell und festgelegten Normen davon orientiert, also daran, was als „gesund” und „krank” gilt. Auch wird in der Gestalttherapie das Verhältnis von Therapeut:in und Klient:in als eines definiert, in dem Therapeut:innen Begleiter und Unterstützer sind und die Klient:innen die Experten ihrer selbst. Darum sprechen Gestalttherapeut:innen auch nicht von „Patient:innen” sondern von „Klient:innen“; wichtig ist ihr die Vielseitigkeit von Menschen und deren Vorstellungen davon, wie sie mit anderen Menschen und der Welt insgesamt in Kontakt sein und sich dadurch individuell entwickeln wollen.
Deutsche Vereinigung für Gestalttherapie e.V.
Gestalttherapeut:innen wollen der Vielfalt von Individualität gerecht werden. Sie fördern die persönliche Veränderung ihrer Klient:innen, indem sie sie dabei unterstützen, mit sich selbst und anderen Menschen aktiv neue Erfahrungen zu machen, auf lebendige Weise neue Erlebens- und Verhaltensweisen zu erlernen und bestehende Schwierigkeiten zu überwinden. Frederick S. Perls, der die Gestalttherapie gemeinsam mit seiner Frau Lore Perls (beide ursprünglich Psychoanalytiker) sowie mit Paul Goodman (Sozialkritiker und Schriftsteller) begründete, hat einmal gesagt, „daß Lernen Entdecken ist”.
Deshalb wird in einer Gestalttherapie nicht nur geredet, sondern auch ausprobiert und experimentiert: mit Verhaltensweisen, körperlichen Bewegungen und Haltungen, mit Gedanken, Gefühlen und Einstellungen, und zwar sowohl mit den altbekannten als auch mit möglichen neuen. Es werden möglichst alle Bereiche menschlicher Erfahrung einbezogen und erforscht, der zwischenmenschliche Bereich, der emotionale, der körperliche und der intellektuelle.
Das alles findet auf lebensnahe, realistische Art statt, und bezieht sich primär auf das aktuelle Leben der Klient:innen. Gestalttherapeut:innen treten nicht in der Rolle eines/r überlegenen Expert:in gegenüber – trotz der beruflichen Qualifikation. Sie/Er übernimmt vielmehr eines persönlich erkennbarer, verständnisvoller Mensch, der sie mit Interesse und Engagement auf ihrer Entdeckungsreise begleitet. Gestalttherapeut:innen sind Begleiter:innen – eine Qualifikation, die in der Ausbildung und der eigenen Therapie erworben wird.
Aus dieser anregenden und zuverlässigen Begleitung können sich für die Klient:innen eine Menge Ermutigung und Sicherheit ergeben, die sie für ihren zwar manchmal beängstigenden und mühevollen, aber immer auch bereichernden Veränderungs- und Entwicklungsprozess benötigen (Aus: „Was ist eigentlich Gestalttherapie? – Eine Einführung für Neugierige“ von Frank-M. Staemmler (2009)
Wie wende ich Gestalttherapie an?
Mir ist es sehr wichtig auf Augenhöhe zu arbeiten. Ich verstehe mich eher als „sparring partner in crime”. Während der Sitzungen habe ich oft das Gefühl, dass ich nicht viel machen brauche, weil das ganze Wissen um den Weg in der Klientin steckt. Das klingt komisch, ist aber meine Beobachtung.
Warum Gestalttherapie so gut zu Alltagsfeminismus® passt?
Leider gibt es für uns Frauen noch immer nicht so viele Vorbilder die uns vorgelebt haben, wirklich gleichberechtigt zu leben. Deshalb braucht es individuelle Wege und ein Experimentierfeld für Frauen, ihren eigenen Weg zu finden: Das bietet die Gestalttherapie. Es gibt also auch kein Patentrezept für mehr Alltagsfeminismus® im Leben. Jede Klientin findet gemeinsam mit mir in Ihrem Coaching Prozess Ihren ganz individuellen Weg. Das ist das Besondere an dieser Methode.
Außerdem lebt das Patriarchat von Hierarchien und Asymmetrien, also ungleichen Möglichkeiten zu entscheiden und selbstbestimmt zu leben. Die Gestalttherapie bricht mit diesem Gefälle. Ich gebe mich in den Sitzungen als Mensch mit meinen eigenen Widersprüchen durchaus zu kennen. Das schafft Nähe und unterstreicht mein Anliegen: Frauen auf dem Weg in eine gleichberechtigte Struktur zu begleiten anstatt zu belehren oder Ähnliches. Ich liebe die Methode und sehe, wie viel leichter meine Klientinnen ihr Leben durch das Coaching bestreiten. Wer von Euch hat auch schon Erfahrung mit der Methode Gestalttherapie gemacht? Schreibt es mir auf Instagram @alltagsfeminismus oder direkt hier in die Kommentare.
Alltagsfeministische Grüße,
Deine Johanna
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Johanna Fröhlich Zapata
Johanna Fröhlich Zapata ist Mutter, Therapeutin, Medizinanthropologin und Co-Gründerin von Deutschlands erster Ausbildungsinstitution für Feministisches Coaching. Ihr Ziel ist es, Alltagsfeminismus als Prozess gesellschaftlichen Wandels mitzugestalten und Frauen und Männern gleichermaßen dabei zu unterstützen, einen lebenspraktischen Feminismus in ihrem Alltag zu etablieren.
Mit dem rbbKultur-Podcast «Die Alltagsfeministinnen» erreicht ihre Arbeit ein breites Publikum. In ihrer Privatpraxis bietet sie ein stark gebuchtes Coachingprogramm zum Thema an. Johanna Fröhlich Zapata lebt mit ihrer erweiterten Familie in großer Fürsorge-Gemeinschaft in Berlin.
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