Du willst Deine Söhne feministisch erziehen? Musst Du gar nicht! Sie kommen als Feministen auf die Welt…
Wie viele Artikel es zum Thema „Jungs feministisch erziehen“gibt… Dabei kommt jedes Kind bereits als Feminist:in auf die Welt. Unsere Aufgabe ist nicht, Feminismus anzuerziehen, sondern eher, sie in diesem Punkt einfach in ihrer angeborenen Weisheit zu unterstützen.
Wie ich darauf komme, dass Jungs (und im Übrigen auch Mädchen) nicht von Geburt an in Stereotypen denken?
1. Söhne sind Feministen, denn sie respektieren weibliche Heldinnen
Wenn Kinder im Mutterleib wachsen und schließlich geboren werden, dann geschieht das durch die Kraft einer Superheldin. Das allererste, was ein Kind – egal, ob männlich oder weiblich – von der Welt sieht und spürt, ist weibliches Heldinnentum. Erst dann kommen Superman, Batman, die Paw Patrol und Ritter, die Prinzessinnen retten müssen. Die können sich also schön hinten anstellen.
Auch wenn sich diesbezüglich schon viel getan hat: Heldinnen sind im Fernsehen, in Büchern und bei Spielzeugen leider noch immer deutlich unterrepräsentiert. Vor allem Jungs wird bevorzugt eine männliche Heldenwelt präsentiert. Aber brauchen Jungs denn überhaupt extra Jungsgeschichten oder männlich geprägte Spielwelten mit männlichen Protagonisten, damit sie sich identifizieren können? Ich glaube, sie brauchen vielmehr eine bunte, diverse und tolerante Umwelt, im Alltag wie im Spiel. Denn bunt, divers und tolerant sind Kinder erst einmal sowieso. Und nichts stellen sie lieber auf den Kopf als Klischees.
Also lassen wir sie wie sie sind, indem wir achtsam und bewusst ihre Umwelt gestalten. Der Ritter kann genauso eine Ritterin sein. Und der Prinz will vielleicht auch mal gerettet werden? Dass Männer nicht immer nur stark sein müssen und auch Frauenschultern herrlich tröstend sein können, wissen kleine Jungs sowieso… wir dürfen ihnen dieses wertvolle Wissen bloß nicht nehmen.
2. Söhne sind Feministen, denn sie haben einen riesigen Gerechtigkeitssinn
Versuch mal, einem Kind zu erklären, warum Frauen weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommen… Dein Sohn wird nicht jubeln. Er wird das „voll ungerecht“ finden. Ob er seinen Lohnüberschuss teilen würde? Ich wette drauf, dass Dein Sohn Dir mit einem klaren JA antwortet, wenn Du ihn fragst.
In diesem Video sieht man wunderbar, wie gerecht Kinder denken:
3. Söhne sind Feministen, denn sie haben keine Angst vor Klischees
Wenn Jungs sich gegen rosa, pink und Glitzer wehren, hat ganz sicher nichts mit angeborenem Desinteresse zu tun. Was „typisch Mädchen“ oder „typisch Jungs“ ist, das steuern wir mit stereotypischen Geschenken, Kommentaren und tatsächlich schon direkt ab der Geburt durch unser unbewusstes Verhalten. Manche Jungs halten ihre Liebe zu typisch weiblich gedachten Farben oder Spielsachen einige Jahre durch. Doch der Druck, sich anzupassen, wächst über die Jahre. Gendermarketing tut das Übrige.
Es gibt interessante Studien darüber, wie unterschiedlich Erwachsene auf Emotionen, Bedürfnisse und Interessen von Babys reagieren, abhängig vom Geschlecht des kleinen Menschen. Diese unbewusste eigene Haltung können wir nur schwer steuern. Noch viel weniger können wir steuern, wie Freund:innen, Lehrer.innen und das gesamte Umfeld sich verhält. Was hilft, ist immer wieder achtsam und gemeinsam zu reflektieren, mit welchen Klischees unsere Kinder konfrontiert werden und wie wir da vielleicht gegensteuern können. Nicht, um unsere Jungs feministisch zu erziehen. Sondern einfach nur, um sie in ihrem angeborenen Feminismus und ihrer Offenheit, sich selbst und die anderen in ihrer Einzigartigkeit zu entdecken, nicht zu stören.
Am Ende ist es nämlich doch so: Wir alle profitieren davon, wenn jeder sein kann und darf, wer er ist. Feminismus ist auch für Männer einer wunderbare Chance auf ein Leben, das zu dem Menschen passt, der es lebt.
Alltagsfeministische Grüße,
Deine Johanna
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Johanna Fröhlich Zapata
Johanna Fröhlich Zapata ist Mutter, Therapeutin, Medizinanthropologin und Co-Gründerin von Deutschlands erster Ausbildungsinstitution für Feministisches Coaching. Ihr Ziel ist es, Alltagsfeminismus als Prozess gesellschaftlichen Wandels mitzugestalten und Frauen und Männern gleichermaßen dabei zu unterstützen, einen lebenspraktischen Feminismus in ihrem Alltag zu etablieren.
Mit dem rbbKultur-Podcast «Die Alltagsfeministinnen» erreicht ihre Arbeit ein breites Publikum. In ihrer Privatpraxis bietet sie ein stark gebuchtes Coachingprogramm zum Thema an. Johanna Fröhlich Zapata lebt mit ihrer erweiterten Familie in großer Fürsorge-Gemeinschaft in Berlin.
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